Der kurze Tod hat ihn verändert

Der Heidelberger Maler Bodo Friedrich Lubomir will niemandem mehr etwas beweisen

Mit jetzt 65 Jahren versucht es Bodo Bremer ein wenig ruhiger angehen zu lassen, sich nur noch auf seine Kunst zu konzentrieren. Dass der umtriebige Maler sein Leben geändert hat, hängt aber nicht mit der monatlichen Minirente zusammen, die er mittlerweile bekommt. "Ich war zehn Minuten tot" - vor zwei Jahren hatte er einen Herzstillstand. Er wurde ins Leben zurückgeholt. An diesem Leben, seiner Wirklichkeit und diesem hassgeliebten Heidelberg reibt er sich noch immer, aber ihm ist jetzt etwas anderes wichtig.

Er ist irgendwie Rocker geblieben. Die langen grauen Haare, der zerfledderte, graue Schnorres, der bis zum Ohr gewachsen ist, die klaren und mitunter auch derben Worte zeigen: Ich pass mich nicht einfach so an, ich bin ich, ich bin Bodo Friedrich Lubomir Bremer. 1942 geboren als Sohn einer Polin und eines vermutlich hartnäckigen Nationalsozialisten. Der Vater war in "der Partei", bei der SA, Offizier im Krieg - aber er hat eine Polin geheiratet. "Mein Vater war ein Nazi", sagt Bremer, "ach, ich weiß nicht, ob er ein Nazi war." Die Gestalt seines Vaters, der 45 in einem Lazarett an der Ostfront verstarb,ist undurchsichtig. Die Mutter floh auf des Vaters Geheiß mit Bodo und dem jüngeren Roland nach Westen, 1945 kam sie mit den beiden nach Heidelberg. Sie war die "Polackin" , erzählt ihr ältester Sohn, "ist nie in Deutschland angekommen". Bremer sagt, er fühle sich als halber Pole, jetzt. "Lange habe ich mich für Lubomir geschämt", er wollte kein polnisch von seiner Mutter lernen, weil das verpönt war. Die Freunde seien nicht die Nachbarn in der Römerstraße gewesen, sondern Polen, Juden, Angehörige der Army. Er hat das Gymnasium ohne mittlere Reife verlassen, eine KFZ-Mechaniker-Ausbildung abgebrochen, eine Banklehre fertig gemacht, dann den Weg der Kunst eingeschlagen. Mit 23 Jahren ging er Mitte der 60iger Jahre nach Wien an die Höhere Graphische Bundeslehr- und Versuchsanstalt. Aber an Österreich scheint der Sturm der revolutionären Jugend vorbeigerauscht zu sein, ein richtiger 68er war Bodo Bremer nur beim Heidelbergbesuch in den Semesterferien. Die Kunst war ihm immer wichtiger, erzählt er. Und dann kam er 1969 doch in das spießige, großbürgerliche Städtchen am Neckar zurück. Seine Tochter Edna war auf dem Weg, hier glaubte er, seine Familie durchbringen zu können. Als Reinzeichner, als Urkundenschreiber und später erst als Künstler hat er sich, sein Kind und seine drei Ehefrauen in vier Ehen - eine hat er gar zweimal geheiratet - durchgebracht. Bremer sagt: "Ich bin nicht Joseph Beuys, ich gehöre zum Fußvolk." Trotz dieses Understatements fühlt er sich als einer der größeren Söhne und Töchter Heidelbergs. Aber mittlerweile werde das Schaffen der Künstler nicht mehr honoriert. Heidelberg schütte seinen Kulturetat mit der Gießkanne aus. Zwei Jahre hintereinander werde nicht der gleiche Künstler angekauft, aus sozialen Gründen, damit jeder mal drankomme. "Kunst ist doch keine soziale Einrichtung", bricht es aus ihm heraus, "entweder sie ist gut oder Scheiße." Dass das Stadttheater mal für 30, mal 40 oder gar 50 Millionen Euro neu gebaut werden soll, will er überhaupt nicht verstehen. Unter dem Altintendanten Stolzenberg habe er hier und da mal einen Auftrag für ein Plakat oder Bühnenbild erhalten. Diese Zeiten sind vorbei. Als Künstler im vermeintlichen Rentneralter hänge einem der Ruf an, "der Bremer ist ja viel zu teuer und hat es gar nicht mehr nötig". Da gebe es Ausschreibungen mit Altersbegrenzungen bis 40 oder 50 Jahre. Als "Zwangsrente" empfindet Bremer das und weiß, dass "viele Kollegen gar nichts mehr verdienen". Auch bei ihm lief es schon besser.

Bodo Bremer

Heute lebt er mit Ehefrau Ingeborg, die das Seminar für die Ausbildung von Sonderschullehrern leitet, in Rohrbach in einem denkmalgeschützten Idyll im Ortskern. Hinter dem Wohnhaus liegt das Atelier: Im ausgebauten Dach einer Scheune arbeitet er, stapelt seine Bilder, stehen seine Staffeleien, brummt der PC leise im Hintergrund, mitten im Raum steht eine Skultpur. Im Hintergrund steht ein halbfertiges Bild der "Drei-Bogen-Brücke", so wie die Montpellierbrücke vor ihrem Abriss aussah. Daneben ein Großformat mit einer Sylter Strandlandschaft - auch noch nicht fertig. "Im Kopf ist das Bild fertig", aber jetzt geht es darum, das Werk zu vollenden.

Landschaften-Malerei bedeute ihm nichts, erzählt er, sein Traum ist etwas anderes: "Das monochrome Bild, aber daran scheitere ich kläglich." Einfach zwei oder vier Quadratmeter Leinwand in blau anzupinseln, damit ist es für Bremer nicht getan. "Das muss leben", fordert er von sich, "und das Gefühl hab ich noch nicht." Er malt und zeichnet wieder mehr, ist produktiver. Seit zwei Jahren, erzählt er, konzentriert er sich nur noch auf seine Kunst. Im Fitnessstudio war er vom Trainingsrad gefallen, hatte einen Herzstillstand - "Ich war zehn Minuten tot". Er hat überlebt, was kaum einer überlebt; dank Beatmung, Herzmassage und Elektroschock. "Seither weiß ich: Ich muss niemandem mehr etwas beweisen", für Bremer gibt es jetzt wichtigere Dinge. Für ihn war der kurze Tod der Wendepunkt in seinem Leben. Aber seine Kunst hat sich dadurch nicht verändert. Er arbeitet an sich, um das Bild zu malen, das ihm wichtig ist: das monochrome Bild.

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